In unserem zweiten Supply Chain Partners Dialog sprechen Ernst Fabian, geschäftsführender Gesellschafter von Supply Chain Partners und Andreas Hucht,  Partner Manager bei PSIglobal über die Vorteile strategischer Netzwerkplanung und die Reduzierung von Logistikkosten.

Unsere Projekte liefern immer einen ökonomischen Nutzen

Ernst Fabian, Supply Chain Partners GmbH
Was kann man sich unter Netzwerkplanung vorstellen?

Ernst Fabian: Viele denken vielleicht im ersten Moment an Computer- bzw. IT-Netzwerke. Wir behandeln logistische Netzwerke. Dabei geht es im Wesentlichen darum, Transportrouten und Standorte zu optimieren. Das Netzwerk besteht aus einer Vielzahl von Relationen zwischen geografischen Orten.

Andreas Hucht: Korrekt, bei den Standorten kann es sich zum Beispiel um Lieferanten, Produktions-, Lager- und Handelsstandorte sowie Endkunden handeln. Derartige Netzwerke dienen zum Beispiel dem Umschlag von Handelsware, der Versorgung von Produktion mit Vormaterialien oder der Verteilung von Fertigerzeugnissen an die Endkunden. In der Netzwerkplanung geht es darum, die Anzahl und Lage der Standorte, die Transportrelationen zwischen den Standorten sowie die Kapazitäten im Netzwerk optimal zu gestalten. Es handelt sich also um das grundlegende Design logistischer Netzwerke im Vorfeld: Wie müssen Netzwerke gestaltet sein, um Aufwand und Kosten zu minimieren, Servicezeiten zu verbessern, Alternativen für risikobehaftete Lieferbeziehungen zu entwickeln – und last but not least – die Nachhaltigkeit zu stärken?

Welche Situationen finden Sie bei Ihren Projekten vor?

EF: Typische Aufgabenstellungen in unseren Projekten sind beispielsweise Kunden, die innerhalb der vereinbarten Servicezeitfenster nicht ausreichend gut bedient werden. Neue regionale Markteintritte, welche die Schwerpunkte im Logistiknetz verschieben. Entwicklung von Synergien durch Optimierung von Routen und Fuhrparkauslastung oder Optionen zur Schließung von Verteilerstandorten.

Derartige strategische Fragestellungen sind immer mit Szenarien-Rechnungen verbunden. Für diese Aufgaben ist es notwendig, die Geschäftsprozesse gut zu verstehen, um die Modellierung der Szenarien sinnvoll vorzunehmen. Dabei ist es wesentlich, einerseits die notwendigen Einschränkungen richtig abzubilden und andererseits den Raum für Optimierung der Software nicht zu stark zu limitieren, damit Verbesserungen ermöglicht werden.

Das klingt nach vielen Daten, die verarbeitet werden müssen. Welche Daten werden benötigt?

AH: Der Datenbedarf hängt stark von den Projektschwerpunkten und dem erwarteten Detaillierungsgrad der Ergebnisse ab. Die Mindestanforderung ist aber gar nicht so groß, wie man vielleicht annimmt: Man benötigt lediglich Standort- und Sendungsdaten. Zusätzlich sind Informationen zur maximal möglichen Kapazität bei Logistikstandorten sinnvoll.

Möchte man auf Kostenbasis optimieren, benötigt man entweder die Ist-Kosten der zu optimierenden Sendungen oder Tarife, nach denen die Sendungen abgerechnet wurden. Ist zu ermitteln, wie sich die Veränderungen des Netzwerkes auf die Artikelsortimente und -bestände an den Standorten auswirken, werden zusätzliche Artikelstammdaten und Sendungspositionen benötigt.

Bei Basisdaten handelt es sich in der Regel um Vergangenheitswerte aus einem repräsentativen Zeitraum. Mit PSIglobal sind wir aber auch in der Lage, Sendungsdaten auf Basis zu erwartender Geschäftsentwicklungen hochzurechnen, um diese beim Design optimaler Lösungen zu berücksichtigen.

Nochmals auf die Situation bei den Kunden zurückzukommend – wie wirken sich die aktuellen Bestrebungen auf Umwelt und Nachhaltigkeit zu achten aus?
Entstehen dadurch Projektanfragen an Sie?

EF: Generell muss man sagen, dass unsere Projekte immer einen ökonomischen Nutzen liefern müssen. Wir stellen in den letzten Jahren allerdings fest, dass die Bedeutung des Nachhaltigkeitsaspekts in der Netzwerkplanung deutlich zugenommen hat und sich die unternehmerischen Zielsetzungen sukzessiv erweitern. Aktivitäten zur Optimierung des logistischen Netzwerks haben in den meisten Fällen eine Reduktion von Kilometerleistungen zur Folge. Das kommt beispielsweise durch die Verbesserung der Fahrzeugauslastung, der besseren Gebiets- oder Tourenstrukturierung und der generellen Verkürzung durch zusätzliche Umschlag- oder Lagerstandorte. Es ist schön zu wissen, dass die Zielsetzungen zur Optimierung von logistischen Netzwerken nahezu immer mit einem positiven Effekt zur Reduktion von CO2-Emissionen einhergehen.

AH: PSIglobal verfügt schon lange über verschiedene Wege, den CO2-Fußabdruck von Transporten und Netzwerken zu berechnen und logistische Netzwerke somit nicht nur auf Basis von Kosten und Transportaufwand, sondern auch anhand der CO2-Emissionen zu optimieren. Wurde diese Möglichkeit vor wenigen Jahren eher neutral zur Kenntnis genommen, ist Nachhaltigkeit neben Kosten, Service, Zeit und Risikoreduzierung mittlerweile ein wesentlicher Treiber für Optimierungsprojekte.

Für welche Kunden ist die softwareunterstütze Netzwerkplanung relevant?

AH: Generell ist PSIglobal durch sein flexibles Datenmodell für eine Vielzahl an unterschiedlichen Branchen geeignet. Deshalb stammen unsere Kunden aus verschiedenen Branchen – von Maschinen- und Anlagenbau bis zu Hersteller von Konsumgütern oder Logistikdienstleistern. Was sie alle gemein haben, sind diskrete Fertigungs- beziehungsweise Transportprozesse.
Ansonsten ist eine Softwareunterstützung vor allem für größere und komplexere Netzwerke von Interesse.

EF: Auch für Unternehmen, die nicht selbst softwaregestützte Netzwerkoptimierung betreiben wollen, bietet sich die Chance, die genannten Vorteile zu nutzen. Mit einem passenden Berater wie SCP muss man die Fähigkeiten, die Software zu beherrschen, im Unternehmen nicht selber aufbauen, um Veränderungen im logistischen Netzwerk zu bearbeiten. Es hat es sich als praktikabel herausgestellt die Situation zyklisch mit dem Kunden zu prüfen – beispielsweise einmal pro Jahr und die notwendigen Änderungen für das tägliche Geschäft zu fixieren.

Was können Ihre Kunden von SCP und PSI erwarten?

EF: Als Berater übernehmen wir wichtige Teile eines Netzwerkoptimierungs-Projektes, wie zum Beispiel die Datenaufbereitung und Validierung sowie die Modellierung des Ist-Netzwerks in PSIglobal. Im nächsten Schritt bereiten wir Szenarien vor, um valide Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten. SCP greift dabei auf die Analyse- und Optimierungsfunktionen von PSIglobal zurück, wie zum Beispiel die Standortoptimierung, die Tourenplanung oder die Analyse des CO2-Footprints. Gebündelt mit der langjährigen Beratungserfahrung in Logistikprojekten können wir so maßgeschneiderte Netzwerk-Lösungen für unsere Kunden entwickeln und umsetzen. Wir ergänzen uns dabei hervorragend und können gute Ergebnisse für unsere Kunden liefern.

Was sind die erfolgskritischen Faktoren, um gute Ergebnisse zu erzielen?

AH: Zunächst ist hier sicherlich die Datenqualität zu nennen. Dieser Aspekt wird in Projekten häufig unterschätzt. Wenn Daten nicht vollständig, nicht konsistent oder unplausibel sind, kann die auf deren Basis ermittelte Lösung auch nicht wirklich optimal sein. Somit ist die Bereinigung von Basisdaten in Vorsystemen als „Nebenprodukt“ eines Netzwerkprojektes für den Kunden definitiv mit einem hohen Nutzen verbunden und der entsprechende Erkenntnisgewinn oftmals sehr wertvoll.

Ein weiterer Erfolgsfaktor im Projekt ist ein iteratives Vorgehen: nicht von Vornherein alle zu untersuchenden Szenarien ausführlich beschreiben, sondern ein Szenario nach dem anderen betrachten. Aus jedem Szenario lernt man das Netzwerk besser kennen, und kann das nächste Szenario sinnvoll ableiten.
So startet man häufig mit einer optimierten Zuordnung zu den bereits bestehenden Standorten auf der einen und einen sogenannten Greenfield-Szenario auf der anderen Seite. Hierin wird sozusagen die optimale Lösung ohne Einschränkungen als Benchmark ermittelt. Auf Basis dieser beiden Startszenarien erarbeitet man sich dann Schritt für Schritt die zu realisierende Lösung.

EF: Wichtig ist auch, dass man sich im Vorfeld über bestehende Freiheitsgrade beziehungsweise Einschränkungen im Netzwerk Gedanken macht. Wo können wir bei Bedarf noch einen Standort erweitern, wo gibt es noch freie Kapazitäten? Ähnlich verhält es sich bei den Transportkapazitäten – Wo verfügt unsere Transportflotte noch über nicht genutzte Kapazitäten? Wo sind wir bereit, einen Standort zu verlagern oder mehrere Standorte zu konsolidieren? Welche Investitionen würden wir tätigen, und welche Veränderungen wollen wir unter gar keinen Umständen vornehmen?

Auch hierbei handelt es sich oftmals um einen iterativen Prozess, denn Ergebnisse der Szenarienphase können eventuell Nutzenpotenziale aufdecken, die wiederum auf Unternehmensseite eine größere Veränderungsbereitschaft erzeugen als ursprünglich gedacht. Oder es gibt Schwerpunkte, die so vor dem Start des Projektes überhaupt nicht erwartet wurden.

Zu guter Letzt gilt es, im Projekt einen Trade-Off zwischen strategischer und operativer Flughöhe zu finden. Hierin besteht auch eine wichtige Funktion von uns als externem Berater. Man darf nicht vor lauter Detailanforderungen das strategische Ziel aus den Augen verlieren und sich gedanklich nicht zu stark an bestehende Prozesse und Strukturen klammern. Es ist notwendig neue Lösungen zu beschreiben und Rahmenbedingungen anzupassen – um sich zu trauen braucht es oft die Sicht des Beraters, der hier neutral die Potenziale aufzeigt.

Können Sie ein spezifisches Projektbeispiel nennen, bei dem Ihre Netzwerkplanung zu signifikanten Verbesserungen geführt hat?

EF: Im vergangenen Jahr hatten wir erst ein Projekt in der Nahrungsmittelindustrie mit mehreren Standorten in Europa. Die Situation war deutlich durch Zuordnungen der Kunden zu Vertriebsmitarbeiter:innen und deren Standorte geprägt. Die Netzwerkanalyse wurde durch die Übernahme eines weiteren Standortes angestoßen, und es ergab sich ein Potenzial zur Reduktion von knapp 15 Prozent der Kilometerleistung und Kostensenkungspotenzial von etwa 9 Prozent.

AH: Allgemein ist es sicherlich nicht zu hoch gegriffen, dass bis zu 10 Prozent der beeinflussbaren Logistikkosten durch ein Netzwerkplanungs-Projekt reduziert werden können. Für den Carbon Footprint kann man dieses Potenzial analog ansetzen. Der Wert kann auch durchaus höher liegen, wenn ein Unternehmen sich diesem Thema längere Zeit nicht gewidmet hat.