Im ersten Teil unserer Blogpost-Reihe haben wir die Grundlagen von Prognosemodellen in der Materialdisposition erläutert und deren Vor- und Nachteile untersucht. Im zweiten Teil widmen wir uns nun der verbrauchsgesteuerten Prognose, einem Ansatz, der stark auf die tatsächlichen Verbrauchsdaten setzt, um zukünftige Materialbedarfe zu ermitteln. Verbrauchsgesteuerte Prognosemodelle sind besonders nützlich in Umgebungen, in denen der Materialverbrauch vergleichsweise konstant ist oder klar definierbare Muster aufweist, wie Saisonalitäten oder Trendentwicklungen. Wir werden die Funktionsweise, die Vor- und Nachteile sowie die Anwendungsmöglichkeiten dieses Ansatzes detailliert betrachten.
Die Arten verbrauchsgesteuerter Prognosen
Verbrauchsgesteuerte Prognosen basieren auf historischen Verbrauchsdaten und analysieren Muster und Trends, um zukünftige Bedarfe zu ermitteln. Da sie sich nur auf eine Variable, nämlich den Verbrauch stützen, werden diese Modelle auch univariate Modelle genannt.
Je nach Art des Materials können sich Verbräuche unterschiedlich gestalten. Verbräuche müssen nicht zwingend häufig auftreten, um eine gewisse Regelmäßigkeit oder einen Trend aufzuweisen.
Die Verbrauchgesteuerte Prognose nutzt fortlaufend aktualisierte Daten, es wird die Zeitreihe erweitert, um die Berechnungen kontinuierlich zu verbessern. Je nach Genauigkeit und Menge der Daten können Muster und Trends erkannt werden.
Grundsätzlich eignen sich gewisse Berechnungsmethoden für spezifische Muster besser als andere. Typische Verfahren und Modelle im Bereich der Verbrauchsgesteuerten Prognose umfassen:
- Durchschnitt: Der Durchschnitt ist die einfachste Form der Prognose. Hierbei wird der Mittelwert aller vergangenen Datenpunkte berechnet und als Vorhersage für die Zukunft verwendet. Dies ist besonders nützlich, wenn die Daten stabil und ohne große Schwankungen sind.
- Gleitender Durchschnitt: Der gleitende Durchschnitt berücksichtigt nur eine festgelegte Anzahl der letzten Datenpunkte und berechnet deren Durchschnitt. Dies hilft, kurzfristige Schwankungen zu glätten und den zugrunde liegenden Trend besser zu erkennen. Beispielsweise könnte man den Durchschnitt der letzten sechs Monate als Prognose für den nächsten Monat verwenden.
- Gewichteter gleitender Durchschnitt: Beim gewichteten gleitenden Durchschnitt werden neueren Datenpunkten höhere Gewichte zugewiesen als älteren. Dadurch reagieren die Prognosen schneller auf Veränderungen in den Daten. Zum Beispiel könnte man den letzten Monat doppelt so stark gewichten wie den vorletzten Monat.
- Lineare Regression: Die lineare Regression analysiert die Beziehung zwischen einer abhängigen Variable (z.B. Verbrauch) und einer oder mehreren unabhängigen Variablen (z.B. Zeit). Sie berechnet eine Linie, die die Datenpunkte möglichst gut beschreibt. Diese Linie wird dann verwendet, um zukünftige Werte vorherzusagen.
- Saisonale Lineare Regression: Die saisonale lineare Regression berücksichtigt zusätzlich zu den linearen Trends auch saisonale Muster, wie z.B. monatliche oder quartalsweise Schwankungen. Dadurch können saisonale Effekte, wie z.B. höhere Verkaufszahlen in der Weihnachtszeit, in die Prognose einbezogen werden.
- Einfache exponentielle Glättung (Konstantmodell): Dieses Modell verwendet eine Technik, bei der älteren Datenpunkten weniger Gewicht beigemessen wird als neueren. Dies geschieht auf exponentielle Weise, wodurch die Prognose schneller auf aktuelle Veränderungen reagieren kann.
- Lineare exponentielle Glättung (Trendmodell): Dies ist eine Erweiterung der klassischen exponentiellen Glättung, die verwendet wird, um Prognosen zu erstellen, wenn ein Trend in den Daten vorhanden ist. Im Gegensatz zur einfachen exponentiellen Glättung, die nur für Daten ohne klaren Trend geeignet ist, berücksichtigt dieses Modell sowohl das Niveau (den aktuellen Basiswert) als auch die Veränderungsrate (den Trend).
- Saisonale exponentielle Glättung (Saisonmodell): Dieses Modell erweitert die exponentielle Glättung um saisonale Komponenten. Das bedeutet, dass es nicht nur aktuelle Trends, sondern auch saisonale Muster berücksichtigt. So kann man beispielsweise die typischen saisonalen Schwankungen in den Verkaufszahlen mit einbeziehen.
- Trendsaisonale exponentielle Glättung (Trend-Saisonmodell): Dieses Modell kombiniert die Berücksichtigung von Trends und saisonalen Mustern. Es ist besonders nützlich, wenn die Daten sowohl einem langfristigen Trend als auch wiederkehrenden saisonalen Mustern folgen. Dadurch können sehr präzise Vorhersagen gemacht werden.
Die richtige Wahl führt zur richtigen Methode
Glücklicherweise müssen bei Einsatz dieser Modelle keine Berechnungen händisch durchgeführt werden, sie sind maschinell unterstützt, dennoch sollte ein gewisses mathematisches und statistisches Verständnis, beispielsweise für Daten, Variablen und die damit verbundenen Zusammenhänge, vorhanden sein. Außerdem sollte man die zugrunde liegenden Zusammenhänge (warum wird wie viel verbraucht?) kennen, ein so genanntes „Domänenwissen“ haben.
Verbrauchsgesteuerte Prognosen sind ein leistungsfähiges Werkzeug zur Vorhersage zukünftiger Materialbedarfe, insbesondere wenn historische Datenmuster vorhanden und gut zu analysieren sind. Sie bieten eine breite Palette von Modellen, die je nach Anforderung und Datenqualität angewendet werden können, um sowohl kurzfristige Schwankungen als auch langfristige Trends zu berücksichtigen. Die Wahl des richtigen Modells hängt stark von der spezifischen Situation und den verfügbaren Daten ab.
Im nächsten Teil unserer Blogpost-Reihe werden wir uns mit der Implementation von Prognosemodellen mittels SAP befassen. Bleiben Sie dran, um mehr darüber zu erfahren, wie Sie Ihre Materialdisposition noch präziser und effizienter gestalten können!