In den vorhergehenden Artikeln unserer Blogpost-Reihe haben wir die Grundlagen von Prognosemodellen sowie die verbrauchsgesteuerte Prognose besprochen. Diese Prognosemethoden sind unerlässlich für eine effiziente Materialdisposition. In diesem finalen Artikel widmen wir uns der Implementierung solcher Prognosemodelle in SAP-Systemen, einem der führenden ERP-Systeme weltweit. SAP bietet umfangreiche Funktionalitäten, um sowohl qualitative als auch quantitative Prognosen in die Materialplanung zu integrieren und so eine optimale Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Die Bedeutung von SAP in der Materialdisposition
SAP-Systeme spielen eine zentrale Rolle in der Unternehmensplanung und -steuerung, insbesondere in der Materialdisposition. Die Integration von Prognosemodellen in SAP ermöglicht es Unternehmen, Bedarfe präzise vorherzusagen und so eine effiziente Lagerhaltung und Ressourcenplanung zu gewährleisten. Dies geschieht durch eine Kombination aus historischen Verbrauchsdaten, fortschrittlichen Analysetools und einer gewissen Form des maschinellen Lernens.
Prognosearten in SAP
- Qualitative Prognosen in SAP:
- SAP bietet Tools wie das Demand Planning (DP) innerhalb des SAP Integrated Business Planning (IBP) Moduls, welches qualitative Methoden unterstützt. Diese beinhalten unter anderem Expertenmeinungen und Szenarioanalysen, die durch flexible Planungs- und Simulationsmöglichkeiten ergänzt werden.
- Quantitative Prognosen in SAP:
- Zeitreihenanalyse und Regression: SAP ermöglicht die Anwendung von Zeitreihenanalysen und Regressionsmodellen direkt im Materialmanagement Modul. Diese Modelle nutzen historische Daten, um Muster zu erkennen und zukünftige Bedarfe vorherzusagen. Sie sind im SAP Standard enthalten.
- Exponentielle Glättung: SAP unterstützt verschiedene Glättungsverfahren, um sowohl kurzfristige als auch langfristige Trends sowie saisonale Muster zu erfassen. Diese Modelle können durch das SAP Advanced Planning and Optimization (APO) Modul oder das SAP IBP Modul realisiert werden.
- Maschinelles Lernen: Durch die Integration von maschinellen Lernverfahren, wie sie in SAP Leonardo verfügbar sind, können Unternehmen komplexe Muster in großen Datenmengen erkennen und ihre Prognosemodelle kontinuierlich verbessern.
Vorteile der SAP-basierten Prognose
- Zentrale Datenverwaltung:
- SAP bietet eine zentrale Plattform zur Verwaltung und Analyse von Daten. Dies ermöglicht eine konsistente und aktuelle Datengrundlage für Prognosen, wodurch die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Vorhersagen erhöht werden kann.
- Automatisierte Prozesse:
- Mit SAP können viele Prozesse automatisiert werden, von der Datensammlung bis zur Berechnung und Anwendung der Prognosen. Dies spart Zeit und minimiert menschliche Fehler.
- Integration und Zusammenarbeit:
- Die Informationen liegen dem System bereits vor. Die damit verbundene Einfachheit der Nutzung sowie die leichte Integration in den Arbeitsalltag ist besser gegeben, als bei Einführung eines zusätzlichen Produkts.
- Flexibilität und Skalierbarkeit:
- SAP-Systeme sind flexibel und skalierbar, was bedeutet, dass sie mit den Anforderungen eines Unternehmens wachsen können. Ob es sich um ein kleines Unternehmen oder einen multinationalen Konzern handelt, SAP kann an die spezifischen Bedürfnisse angepasst werden.
Wir neigen dazu, die Auswirkungen einer Technologie auf kurze Sicht zu überschätzen und auf lange Sicht zu unterschätzen!
Einsatz von Prognosen in SAP
Die meisten Unternehmen setzen in der Praxis entweder keine Prognosemodelle ein oder die falschen. Wichtig bei der Auswahl der richtigen Methode ist die Qualität der Daten – sie sollte möglichst hoch sein und Schwächen zumindest bekannt – und Kennnis um die Eigenschaften der disponierten Artikel.
Vor dem Einsatz eines Prognoseverfahrens müssen einige Fragen zum disponierten Artikel beantwortet werden? Steht dieser am Beginn eines Lebenszyklus, mitten in der Hochphase oder eher am Ende? Unterliegt der Verbrauch einer Saisonalität und wie kann ich den Verbrauch grundsätzlich charakterisieren (vgl. ABC-XYZ-Analyse)? Diese Eigenschaften beeinflussen maßgeblich den Verbrauchsverlauf und damit das geeignete Prognosverfahren.
Nehmen wir an, es handelt sich um ein Material mit konstantem oder trendförmigen Verlauf. Hierfür würde sich dann bspw. das Modell gleitender Mittelwert oder gewichteter gleitender Mittelwert eignen, da es zufallsbedingte Unregelmäßigkeiten ausmitteln und konstante Verläufe gut berücksichtigen kann. Das Modell liefert gute Ergebnisse, wenn sich die Charakteristik der vergangenen Ergebnisse nicht stark ändert. Möchte man bspw. den Monaten der Berechnungsperiode unterschiedliche Gewichtungen zuweisen, muss dies in SAP unter „Gewichtungsgruppe“ festgelegt werden. Hier entscheiden die jeweiligen Gewichtungsfaktoren über die Aussagekraft der Werte des Monats und es kann bspw. den letzten Monaten mehr Gewicht zugeordnet werden.
Es kommt auf die Kleinigkeiten an
In unserer Blogpost-Reihe haben wir die verschiedenen Facetten der Prognosemodelle in der Materialdisposition beleuchtet. Von den Grundlagen der qualitativen und quantitativen Prognosen über die speziellen Methoden der verbrauchsgesteuerten Prognose bis hin zur Implementierung in SAP-Systemen, haben wir die wichtigsten Aspekte und Anwendungsmöglichkeiten erörtert.
Die effiziente Nutzung von Prognosemodellen ist entscheidend für eine optimale Materialdisposition. Sie ermöglicht es Unternehmen, Bedarfe präziser vorherzusagen, Lagerbestände zu optimieren und die Lieferkette effizient zu gestalten. SAP bietet hier eine mächtige Plattform, die durch ihre zentralisierte Datenverwaltung, automatisierte Prozesse und die Möglichkeit zur Integration fortschrittlicher Analysewerkzeuge wie maschinellem Lernen eine umfassende Unterstützung bietet.
Während die Nutzung solcher Systeme und Modelle auch Herausforderungen wie Datenqualität und Systemkomplexität mit sich bringen kann, überwiegen die Vorteile klar. Eine gut implementierte Prognosestrategie in SAP hilft Unternehmen, den manuellen Aufwand in der Disposition und Kapitalbindungskosten durch niedrigere Lagerstände zu senken, Entscheidungsprozesse zu verbessern und auf Marktveränderungen agil zu reagieren.
Der amerikanische Wissenschaftler Roy Amara meinte: “Wir neigen dazu, die Auswirkungen einer Technologie auf kurze Sicht zu überschätzen und auf lange Sicht zu unterschätzen. Die Nutzung von Prognosemodellen und damit einem systemisch unterstützten Ansatz ist kein Allheilmittel, dennoch kann es zu maßgeblichen Verbesserungen in der Materialdisposition führen.
Mit dieser Zusammenfassung möchten wir die Reihe abschließen und hoffen, Ihnen wertvolle Einblicke in die Welt der Prognosemodelle und deren Implementierung in SAP-Systemen gegeben zu haben. Falls wir Ihr Interesse geweckt haben, Ihre Disposition mithilfe von Prognosen zu optimieren bieten wir auch ein individuelles Coaching an Testartikeln an, um die Machbarkeit und den Nutzen zu erarbeiten. So können wir gemeinsam daran arbeiten Ihre Materialdisposition und damit Ihr gesamtes Geschäftsmodell zu optimieren!