Der optimale Lagerbestand ist essenziell für die operative Leistungsfähigkeit eines Unternehmens.  Aufgrund eben dieser kritischen Rolle eröffnet er auch viele Möglichkeiten, Geld zu verschwenden. Während ein zu hoher Bestand zur Bindung von Working Capital und erhöhten Kosten bzw. Abschreibungen führt, besteht bei falschem oder zu niedrigem Bestand die Gefahr des Stillstands der anschließenden operativen Bereiche. Dabei ist es unerheblich, um welche Branche oder Größe des Unternehmens es sich handelt. Die Frage, die im Raum steht, ist: Wie managt man dieses fragile Unternehmenselement richtig?

…und am Anfang war die Transparenz

Wie bei jeder gut geführten Management-Maßnahme ist der erste Schritt, sich einen Überblick über die aktuelle Situation zu verschaffen. Ohne Ist-Zustand, kein Maßstab. Ohne Maßstab, keine Möglichkeit zur Messung von Verbesserung. Im Falle des Lagerbestands ist der Standard zur Erreichung einer solchen Transparenz die ABC/XYZ Analyse. Sie ist weit verbreitet und teilt die Artikel nach Häufigkeit der Verwendung (ABC) und Saisonalität des Verbrauchs (XYZ) ein. Die ABC/XYZ Analyse ist aber nur die halbe Wahrheit. Ohne die Gegenüberstellung der Bedarfssituation zum tatsächlichen Lagerbestand ist keine sinnhafte Aussage zum gesamten Bestandsvolumen möglich. Diesen Abgleich zwischen Bedarf und Bestand erzeugt die Ergänzung der Analyse durch die Kriterien RST, welche die tatsächliche Liegedauer der einzelnen Artikel im Lager ausweist. Die Verschneidung der drei erwähnten Dimensionen stellt die Transparenz über Bedarfe, Bestände und Reichweiten dar, aus der sich Optimierungs- und Managementmaßnahmen ableiten lassen. Was tun mit der neu gewonnenen Weisheit?

Individuelle Behandlung der Segmente

Die richtigen Schlüsse aus Bedarfen und Reichweiten zu ziehen, erfolgt nicht aufgrund eines Patentrezeptes. Es gibt keine Standardmaßnahmen, die man über alle Segmente „stülpt“. Zielreichweiten müssen je Segment, gegebenenfalls sogar nach der Warengruppe innerhalb dieser Segmente, festgelegt werden. Die Richtwerte des optimalen Verhältnisses sind des Weiteren branchen- als auch unternehmensabhängig. „Fast moving consumer goods“ (FMCG) im Lebensmittelhandel benötigen andere Zielwerte als Rohmaterial in der produzierenden Industrie. Hinzu kommen Einflussfaktoren wie beispielsweise Serien- vs. Einzelfertigung oder auch Operations-Modelle wie „make to stock“ (MTS) oder „make to order“ (MTO). Die Anforderungen der an das Lager angeschlossenen Bereiche (Kunde, Markt, Produktion, Service, etc) variieren, womit die Versorgung von Material und Waren unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden muss. Dementsprechend müssen Erkenntnisse, Ziele und Maßnahmen situations- und unternehmensspezifisch abgeleitet werden. Hilfreich hierfür sind interne und externe Erfahrungswerte, die als Vorgaben für die gemanagten Bemühungen fungieren.

Die Umsetzung ist ein steiniger Weg

Leider sind derartige Bemühungen keine Selbstläufer. Nicht nur, dass es zumeist verschiedene Bedarfsträger wie Verkauf, Einkauf oder Planung benötigt. Ohne einen kontinuierlichen PDCA-Zyklus („Plan-Do-Check-Act“) können erarbeitete Verbesserungen nicht beibehalten oder ausgebaut werden. Auch die Stabilisierung der Verbesserung (zB Dispositionsrichtlinien) und die ständige Anpassung an neue Anforderungen stehen danach im Fokus des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.

Und wenn es gelingt?

Bei erfolgreicher Verbesserung warten eine Reduzierung des Working Capitals und der Lagerkosten. Nicht selten können auch geplante Investitionen für ein paar Jahre aufgeschoben werden und das Geld kann für wertschöpfende Aktivitäten eingesetzt werden. Ausbleibende „out-of-stock“ Situationen ermöglichen eine konstante und ausgeglichene Produktion oder Verfügbarkeit, was in den meisten Fällen zu zufriedenen Kunden und einer Stabilisierung oder Ausbau des Umsatzes führt.

Schlussendlich muss festgehalten werden, dass ein gut gemanagter Bestand auch eine großartige Möglichkeit darstellt, ein Unternehmen ertragreicher und profitabler zu machen!